Einweihung des Tempels des Zanulf'Thar

[Valle]

Majestätisch schlängelten sich die Ranken entlang der riesigen, schwarzen Wand. Widerspenstig haben sie die Zeit durchgestanden, als dieser Ort verlassen war. Sie bohrten sich tief in das dunkle Gestein, doch dabei schien es nicht, als ob die Konstruktion dadurch instabiler wurde, sondern ganz im gegenteil: das übergroße Unkraut schien sie sogar zu stützen. Einem gewissen Ort schienen sie sich allerdings nicht zu nähern. Einem unheiligen Ort auf dem Plateau über der Wand.
Es war ein Altar. Aus dem selben schwarzen Material gefertigt, ragte er über den Köpfen der schaurigen Gestalten in die Höhe, welche sich an diesem Tage im Tempel versammelt, in die Höhe. Alle konnten sie das Geschehen am Opfertisch mitverfolgen. Der Altar war mit  feinen, roten Zeichen, einer für die meisten Augen, unbekannten Schrift verziert. Ein Pentagram war - ebenfalls in roter Farbe- in der Mitte der Granitplatte aufgezeichnet. Darin lag ein Dolch aus Blutfels. Seine Klinge war ungewöhnlich lang und etwas gewunden. Eine unheimliche Stille lag über dem Tempel. Eine Solche Stille, wie sie entsteht, wenn viele Menschen - oder in diesem Falle eher nicht Menschen - an einem Ort versammelt sind und keinen Laut von sich geben. Sie erschufen eine mächtige, zeremonielle Aura.
Diese Stille wurde wie mit einem Hammer, der auf Glas trifft zerschagen, als das unregelmäßige, sich nähernde Geräusch von Schritten sich oben auf dem Plateau der Opferstätte näherten. Eine, mit einer schwarzen Kutte mit übergezogener Kapuze glekleidete, Gestalt erschien. Sie schritt langsam rückwärts anden Altar heran. Einige Fuß davor blieb sie stehen und kniete sich auf das linke Knie hin.

"Shek'Zanulf'Thar!" rief er mit kräftiger Stimme. Einen kurzen Augenblick verharrte er und senkte den Kopf, scheinbar um die Worte zu hören, wie sie durch den Raum hallten. Dann erhebte sie sich rasch und ging die letzten Schritte - immernoch rückwärts - zum Opfertisch. Hier kniet er sich erneut hin.

"Zanulf'Thar, sieh deine Diener und sieh und empfange diese Messe"
Er erhebt sich und dreht sich zu den Anwesenden hinter dem Altar um.

"Siehe dein Gefolge, Meister und sieh deine Feinde.

Sieh die Menschen in Britain, wie sie fett und feist in ihrer Festung leben. In ihrer Arroganz denken sie dir und deinen Untergebenen standhalten zu können.

Sieh die Waldelfen, wie sie sich in ihrem Forst verziehen und sich von der Außenwelt abschotten. Sie werden es gar nicht merken, wenn ihr Wald unter ihren Füßen abgebrannt wird, und sie deiner Armee gegenüberstehen.

Sieh die Drow, unsere einstigen Verbündeten, wie sie sich in ihr Erdloch verkriechen. Zu feige an die Oberfläche zu kommen.

Sieh die Zwerge, wie sie sich tief in ihren Berg graben, zu dumm, um zu merken, dass sie sich ihre eigenen Gräber ausheben.

Sieh die Hochelfen, auf ihrer Insel gestrandet und verbarikadiert. Sie sind kein Widerstand für deine unendliche Macht."

Kurz hält er hier inne und senkt den Kopf, um seinen Blick rasch durch die Menge schweifen zu lassen.

"Sieh deine Feinde, Zanulf'Thar, sieh aber auch uns, deine ewigen Diener. Leihe uns einen Teil deiner grenzenlosen Macht, um sie niederzuschmettern und somit deinen Weg in diese Welt zu ebnen.
Empfange als Zeichen unserer Treue und untergebenheit das Opfer, welches wir dir heute bringen."

Er nahm den Ritaldolch vom Altar. Einige Senkunden herrschte wieder diese Machtvolle Stille vom Beginn der Zeremonie. Dann wurde sie allerdings wieder von einem Geräusch unterbrochen: eine Wimmern, begleitet von Schritten.
Eine junge Waldelfe, deren Augen von Tränen gefüllt und blutunterlaufen waren wurde an den Altar gebracht. Der Messdiener hatte nur die Hand auf ihre Schulter gelegt und sie Schien bereitwillig zu folgen. Der Priester am Altar drehte sich, mit dem Dolch in den Händen, zu ihr um, als sie der Messdiener ablieferte und sich wieder zurückzog. Die steinerne, emotionslose Miene unter der Kutte blickte das Geschöpf an, welches am ganzen Leib zitterte. Ihr Körper schien auf seltsame Weise betäubt. Er ähnelte einem Wagen, der sich von alleine nicht bewegen konnte. Jemand musste ihn bewegen. So tat es der Priester, als er seine Hand auf die Schulter der Waldelfe legte. Diese zuckte zusammen und ein schwall Tränen kullerte an dem Gesicht herab, welches scheinbar sich scheinbar mit aller Kraft wehren wollte, es aber nicht konnte. Er führte sie an den Altar und sie legte sich mit den Rücken auf die Platte, genau auf die Mitte des Pentagramms. Der Priester schritt heran, nahm den roten Dolch mit der gewundenen Klinge in beide Hände und hebte ihn über seinen Kopf.
"Zanulf'Thar, empfange die Energie, die dieses Wesen in seinen letzten Todesqualen ausschüttet. Empfange sie als beweis unserer Untergebenheit. Das Blut, welches aus diesem Körper rinne soll jedoch einen anderen Zweck haben. Das jugendliche Blut soll über diesen Altar fließen und diesen Tempel einweihen, auf dass die Zeit der Einkehr des Zanulf'Thar in diese Welt komme."
Die letzten Worte hallten durch den Raum. Als das letzte Echo verflogen war sauste der Dolch auf die Waldelfe herab.